Fotocredit: filmkraft.wien

Wer sich wie ich im Februar jährlich die Superbowl reinzieht – zumindest die Zusammenfassung zu einer christlichen Zeit 🙂 – hat sich sicher auch schon mal gefragt, wie die Burschen am Spielfeld so dermaßen fit sein können.

Quarterbacks wie Tom Brady und Nick Foles schießen wie Blitzkanonen übers Feld und selbst die Schwergewichte der Defense-Line wirken für ihre Masse unglaublich agil.

Vienna Vikings-Coach Christoph Putz erklärt 5 Grundlagen-Kraftübungen für Football-Spieler

Christoph Putz hat mir verraten, wie das funktioniert. Der Ex Profi-Cornerback ist seit 4 Jahren Strength & Conditioning-Coach der American Football-Mannschaft AFC Dacia Vienna Vikings. In Österreich hat dieser Club die Austrian Bowl öfter als jeder andere Verein abgestaubt, die Eurobowl ging bereits 5 Mal an die violetten Vikinger.

Ein Strength & Conditioning-Coach kümmert sich um die allgemeine Athletik eines Teams. Also vorrangig um Kraft und Ausdauer, aber auch Schnelligkeit und Koordination für die jeweilige Sportart.

Ich habe Christoph im clubeigenen Trainingskeller besucht und mit ihm 5 Übungen zusammengestellt, die sowohl für Football-Spieler essentiell sind, die ihr aber auch problemlos zu Hause oder im Fitnessclub nachmachen könnt.

Wenn du dir also die stabilen Schultern, den felsenfesten Rumpf oder die Beinschubkraft eines Footballspielers wünscht, dann schnür deine Turnschuhe und baue die 5 vorgestellten Übungen in dein Training ein!

Welche athletischen Fähigkeiten braucht ein Football-Spieler?

Da der professionelle Kampf ums „Eierlaberl“ ein Kontaktsport ist, ist das Rumpfsystem der wichtigste Leistungsparameter. Will man erfolgreich „Tackeln“, also den Gegner unter körperlichem Einsatz zu Boden bringen oder ihn zumindest an der Fortbewegung hindern, muss man seine gesamte Kraft aus dem Boden nach oben in den Gegner übertragen können.

Kraftvoller Schubgeber ist hierbei das Gesäß und die Oberschenkelvorder- wie -rückseite. Der Rumpf muss diese Kraft dann in die Schultern und Arme übertragen sowie die eigene Körperposition gegen das Gewicht des Gegners aufrechthalten.

Auch Schnelligkeit und die Fähigkeit, blitzschnell die Laufrichtung zu ändern, ist für jede Position am Spielfeld wichtig. Denn nur wer gegnerischen Tackles entkommt, erreicht letztlich das Ziel, die Touchdown-Zone.

Selbst beim Ausdauertraining muss daher berücksichtigt werden, dass es bereits nach einem Schritt zum Kontakt kommen könnte oder nach einem 70 Meter-Vollsprint noch zu ein Sprung oder anderen Unvorhersehbarkeiten. Putz: „Wir meiden Monotonie und achten darauf, dass sich Spieler nie auf eine Dauerbewegung einstellen.“

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Wie trainieren Football-Athleten in der Kraftkammer?

Das Krafttraining ist beim American Football generell auf Reaktionsschnelligkeit ausgelegt, denn davon hängt die Performance am Feld ab. Die konkrete Ausführung der Übungen unterscheidet sich in 3 spezifischere Positions-Typen:

  • Big Guys (große, schwere Athleten)
  • Power Guys (schnelle, starke Athleten)
  • Skill Guys (flinke, agile Athleten)

Für die schwergewichtigen Big Guys der Offensive- und Defensive-Line ist es wichtig, aus der tiefen Hocke in statischer, ruhender Position (Startposition bei Spielzügen) sofort volle Explosivkraft entwickeln zu können. Nach dem Anpfiff bleibt ihnen oft nur eine Zehntelsekunde, bis sie auf den harten Widerstand des Gegners treffen. Entsprechend werden Kniebeugen und Co hier oft in einem tiefen Hüft-Kniewinkel mit voller Explosivität und Power ausgeführt.

Im Gegenzug trainieren Sprintathleten, also Skill Guys wie Quarterbacks, ihre Explosivkraft immer aus Bewegungen heraus. Sie treffen am Feld meist aus dem Lauf auf Gegner und damit auf unvorhersehbare Kräfte, denen sie standhalten müssen.

Wie sieht ein Jahres-Konditionsplan bei den Vienna Vikings aus?

Kraft und Kondition wird, wie in den meisten Sportarten, primär in der Off-Season aufgebaut. Diese beginnt beim American Football in Österreich im Oktober und endet Mitte März, wenn die ersten Auswärts-Spiele starten.

In der ersten Phase, von Oktober bis Weihnachten, steht die allgemeine Athletik im Vordergrund. Da selbst langjährige Spieler nach einer anstrengenden Wettkampfsaison nicht mehr in allen Bereichen top austrainiert sind, wird hier Ausdauer-Kapazität aufgebaut, die Technik der Kraft-Übungen wiederholt und verbessert sowie hartnäckige Haltungsfehler ausgemerzt.

Von Jänner bis März folgen dann 2 Maximalkraft-Blöcke. Diese fokussieren aber nicht wie bei Powerliftern oder olympischen Gewichthebern reine Muskel-Maximalkraft, sondern werden parallel mit Rumpftraining, verletzungspräventiven Übungen und auch Hypertrophie-Training (Steigerung des Muskelquerschnitts) kombiniert.

Mit Beginn der Wettkampfsaison Anfang März gewinnt die Explosivkraft an Bedeutung. In dieser sogenannten Transferphase geht es darum, die aufgebaute Kraft und Muskelmasse in Explosivität und Power umzuwandeln.

Fitnessjournalistin Bernadette Hörner testet im Trainingskeller der Vienna Vikings eine Rumpf-Übung mit Resistance Band-Widerstand

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Wie oft trainieren die Spieler der Vikings-Kampfmannschaft?

Da Football in Europa zu den Randsportarten zählt, kann kaum ein Spieler von seinem Sport leben. Das Training ist daher für Berufstätige ausgerichtet, die ihrer Leidenschaft Football intensiv nachgehen wollen.

3x pro Woche findet Feld-Training statt, 3x pro Woche Kraftkammer, mit Option auf eine 4. freiwillige Gym-Einheit. Netto kommen die Spieler auf 6-7 Stunden die Woche, dazu kommen während der Saison die Wettkampf-Tage mit mehr oder weniger intensivem Reiseaufwand, sowie regelmäßige Meetings für Videoanalysen, Trainingskorrekturen und Wettkampfvorbereitung.

In der Saison sollte bezüglich Athletik im besten Fall keine Arbeit mehr offen sein. Die Einheiten in der Kraftkammer dienen dann vordergründig dazu, die Techniken aus der Vorbereitung nicht zu verlernen und die Leistung am Feld durch regenerative Einheiten zu pushen.

Grundsätzlich ist die Jahres-Planung so getaktet, dass die Spieler am Ende der Saison ihre Leistungsspitze abliefern.

Welche Körperteile sind bei Footballern besonders verletzungsanfällig?

Neben Fingergelenksverletzungen, die das Rauschen an Footballplatz-Wehwehchen ausmachen, sind vor allem Schultern, Knie und Knöchel gefährdet. Die Muskeln um diese Gelenke müssen präventiv gekräftigt werden, damit unkalkulierbare Krafteinwirkungen nicht zu bösen Sehnen- und Bänderverletzungen führen.

Die folgenden 5 Übungen, die uns Christoph exklusiv zusammengestellt hat, dienen neben der allgemeinen Kräftigung auch vor allem der Vorbeugung von Verletzungen in Sprunggelenk, Knie und Schultern und sind damit für Gesundheits-Sportler und generell alle Mannschaftssportarten mit Körperkontakt ein sinnvoller Input.

Auch, wenn American Football in Christophs Augen natürlich der „ultimative“ Teamsport ist: „Strategie, Athletik und Körperkontakt werden auf sehr hohem Niveau vereint. Diese Kombination macht den Sport extrem vielfältig und spannend!“

Mit diesen 5 Grundlagen-Übungen baust du eine tolle Stabilisation der wichtigsten Gelenke auf

⇒ Für eine ausführliche Erklärung der Übungen sieh dir das Video unterhalb an! Konditions-Coach Christoph geht dort auf alle Details und gängigen Fehler genau ein.

Übung 1: Gegenrotation Walkouts

Zielmuskulatur: Rumpf

Nutzen für Footballer: Deine Körpermitte lernt, Kräfte zu übertragen, selbst wenn am Feld unvorhergesehene Rotationskräfte wirken. Beispiel: Du willst geradeaus laufen, aber im Lauf rammt dich ein anderer Spieler von rechts oder links -> es entsteht eine Rotation, die Schulterachse dreht sich gegen die Hüftachse. Das lähmt die Kraftübertragung, macht dich langsamer und kann im schlimmsten Fall zu Verletzungen führen.

Nutzen für Gesundheits-Sportler: Man erreicht mit dieser Übung eine tiefe und intensive Wirbelsäulenstabilisation, die bestens gegen Rückenprobleme hilft.

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Übung 2: Fersenheben

Zielmuskulatur: Sprunggelenke/Waden

Nutzen für Footballer: Bei schnellen Richtungsänderungen während des Sprints kommt es zu großen Druckbelastungen im Sprunggelenk. Damit der Knöchel dabei nicht nach außen wegkippt (seitliches „Umknicken“ des Sprunggelenks) muss das Sprunggelenk sowohl mit angezogenen Zehen (Dorsalflexion) als auch mit gestreckten Zehen (Plantarflexion) mobilisiert und zur Seite hin stabilisiert werden. Um die hohen Druckbelastungen zu simulieren, wird hier mit entsprechend schwerem Zusatzgewicht gearbeitet.

Nutzen für Gesundheits-Sportler: Ein gut balanciertes Sprunggelenk verbessert das Gleichgewicht und beugt bei allen Laufbewegungen einem seitlichen Umknicken vor. Auch bereits überdehnte Seitenbänder lassen sich durch diese Übung stabilisieren.

Übung 3: Arnold Press

Zielmuskulatur: Schultern

Nutzen für Footballer: Unkontrollierte seitliche Krafteinwirkungen durch Körperkontakt mit Gegnern resultieren häufig in Schulterverletzungen. Mit einer sauber durchgeführten Arnold-Press (Unterarme senkrecht zur Decke, kein Rundrücken und offene Brust beibehalten) kannst du deine Schultern bei Zusammenstößen besser stabilisieren, ungesunde Gelenksbelastungen werden vermieden.

Nutzen für Gesundheits-Sportler: Diese Übung verbessert deine Schulterhaltung und lindert bestens Nacken-Verspannungen!

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Übung 4: Step-Ups einbeinig

Zielmuskulatur: Beine/Gesäß/Kniegelenk

Nutzen für Footballer: Da der Gesäßmuskel für Footballspieler immer leistungsbestimmend ist, (Sprinten, Aufstehen aus der tiefen Hocke, Körperkontakt mit tiefem Körperschwerpunkt usw.), bedeutet ein strammes Hinterteil Schnelligkeit. Aber auch bei der Prävention vieler Knieverletzungen spielt der Gesäßmuskel eine wichtige Rolle, z.B. verhindert er eine übermäßige X-Bein-Stellung bei harten Landungen, was häufig zu Kreuzbandrissen führt.

Nutzen für Gesundheits-Sportler: Ein abgeschwächter Gesäßmuskel in Kombination mit einer abgeschwächten und verkürzten Beinrückseite führt häufig zu Schmerzen im unteren Rücken, weil das Becken aus der natürlichen Position gekippt wird. Mit dieser Übung kannst du gegensteuern.

Übung 5: Drops mit harter Landung in Kniebeuge

Zielmuskulatur: Bein-Reaktivkraft

Nutzen für Footballer: Diese Übung bereitet vor allem junge Spieler auf kontrollierte Umkehrschübe vor (Reaktivkraft). Darunter versteht man das explosive Wiederabdrücken unmittelbar nach einer Landung. Bei Reaktivbewegungen treten hohe Druckbelastungen auf, bei denen die Gelenksachsen (Knie, Hüfte, Sprunggelenke usw.) korrekt beibehalten werden müssen. Die Landung wird hier bewusst hart gestaltet, um den Impact zu trainieren!

Nutzen für Gesundheits-Sportler: Wird diese Übung korrekt ausgeführt (Gelenksachsen können sauber gehalten werden), werden die neuromuskuläre Koordination und damit die Explosivkraft verbessert. Wichtig für alle Sportarten mit Sprungbewegungen oder schnellen Richtungswechseln.

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Vienna Vikings-Coach Christoph Putz erklärt im Video-Interview 5 Basic-Übungen für Beinschubkraft und Gelenksstabilisation

Du hast nun Lust bekommen, ein paar „Vikinger“-Übungen in dein Training einzubauen? Dann sieh dir vorher noch das Video vom Interview an! Hier geht Christoph noch mal ganz detailliert auf die Feinheiten und Fehler bei den Übungen ein. Die Übungen sind nicht neu, die Ausführung ist aber sehr speziell und sie unterschiedet sich von den klassischen Bodybuilder-Versionen durch wichtige Details.

Und schreibe mir doch in die Kommentare, was du von den Übungen hältst! Wie ist es dir bei der Durchführung gegangen? Welche Übung fandst du gut, welche weniger? Nicht jede Übung ist für jeden sinnvoll und ich freue mich über dein Feedback!

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Portraitbild von Christoph Putz, Strength and Conditioning Coach der American Football-Mannschaft Vienna Vikings

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Christoph Putz

Der langjährige Defensive-Back unterstützt sein Home-Team „Vienna Vikings“ seit 2014 als Strength and Conditioning Coach. Aufgrund seiner Spielerfahrung besitzen seine Trainingspläne starken Praxisbezug.

Hauptberuflich unterrichtet der Wiener „Bewegung und Sport“ sowie „Biologie und Umweltkunde“ am Ballsportgymnasium Wien.