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Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag.
Autor: Uwe Kauntz
Vielleicht hast Du schon einmal den berühmten alten Mann aus Wolverhampton mit dem freundlichen Grinsen, dem Zwirbelbart und der obligatorischen Flasche um den Hals im Fernsehen oder auf einem Bild gesehen. „Mr. Mouse“ und sein „Tough Guy“-Rennen sind mittlerweile weltberühmt und er gilt als der Gründer des Obstacle Course Racing, deutsch „Extrem Hindernislauf“.
Der freundliche Gesichtsausdruck sollte Dich nicht täuschen, denn dieser nette alte Mann hat vor 33 Jahren mit dem Tough Guy den ersten und gleichzeitig einen der härtesten Hindernisläufe (Obstacle Course Races) der Welt ins Leben gerufen. Auf seiner ehemaligen Farm müssen die Läufer Anfang Februar in dem englischen Wolverhampton eine Strecke von ca. 15 Kilometern durch Matsch, Dreck und halstiefes Wasser bei arktischen Temperaturen zurücklegen. Als ob das nicht schon hart genug wäre, werden den Läufern über 50 anspruchsvolle, in die Laufstrecke integrierte Hindernisse in den Weg gestellt. Der Tough Guy ist in der Szene Legende geworden.
Auch wenn dieses einzigartige Rennen nach wie vor aufgrund seiner Ursprünglichkeit bei den OCR Athleten sehr beliebt ist, so hat sich Obstacle Course Racing (im Folgenden „OCR“) vom ehemaligen
„Mudrun“ zu einer modernen Sportart entwickelt die weltweit immer mehr Menschen in ihren Bann zieht und bereits eine Bewerbung als olympische Sportart eingereicht hat.
Was ist modernes Obstacle Course Racing (OCR)
OCR hat in all den Jahren seine Seele erhalten und steigt in der Beliebtheit der Menschen, weil die Rennen ein aktives Leben widerspiegeln. Die Athleten müssen sich während ihres Laufes schwierigem Gelände mit natürlichen Hindernissen wie Schlamm, Berge, Flüsse, Sonne, Wind, Nässe, Kälte, Schmerz und großer Müdigkeit stellen. Hinzu kommen zahlreiche, künstliche Hindernisse die schleppend, kriechend, hangelnd, schwimmend, springend und laufend überwunden werden müssen. Die Athleten spüren die Elemente intensiv, sie leiden, kämpfen und genießen unermesslich große Freude wenn sie sich selbst und die Strecke besiegt haben. Im Ziel sieht man ehrliche und grenzenlose Freude und großen Stolz in den vom Rennen gezeichneten Gesichtern der Athleten.
Der Reiz des modernen Obastcle Course Racing wurde auch von modernem Social Media gesteigert. Natürlich bietet Instagram, Facebook und Co die Möglichkeit seinem Stolz in Form von Bildern und Videos Ausdruck zu verleihen. Jedoch ist auf der anderen Seite der Wunsch nach Abwechslung zu dem ständigen Konsum von elektronischen Medien ein großer Treiber zu Outdoorsportarten wie Obstacle Course Racing.
Im Vergleich zu dem ursprünglichen „Tough Guy“ sind die künstlichen Hindernisse im Laufe der Jahre viel technischer geworden. Genügte es vor ein paar Jahren noch zur Vorbereitung auf ein OCR Rennen regelmäßig laufen zu gehen und ein paar Hangelübungen am Trimm-Dich-Pfad zu absolvieren, so wird heute in der Szene mit Plan an der eigenen Kondition, Kraft (vor allem Griffkraft), Koordination, Schnellkraft und Balance gearbeitet. Die Hindernisse sind anspruchsvoller geworden und der Athlet muss seine Vorbereitung anpassen.
Health-Check: Obstacle Course Races
SPORTBLOG.CC BEWERTUNG | |
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Trainingseffekte
Bei OCR wird durch die Laufkilometer in erster Linie das Herz-Kreislaufsystem trainiert. Um die Hindernisse zu überwinden, braucht es im Gegensatz zu normalem Joggen jedoch auch beträchtliche, kurze Kraftaufwände. Das macht einen Hindernislauf zu einem guten Komplettprogramm, bei dem neben Kraft und Ausdauer zudem Koordination, Balance, Kognition und Beweglichkeit gefordert werden. Hindernisläufe enthalten alte, natürliche Bewegungsmuster (wie Klettern, Springen, Balancieren usw.), die den Bewegungsapparat auf vielfältige Weise fordern und dem Abbau fast aller Körpersysteme entgegenwirken.
Zwar besteht beim Bewältigen der Hindernisse ein gewisses Verletzungsrisiko – mit richtigem Training lassen sich jedoch v.a. Schulterverletzungen, die bei ORC am häufigsten auftreten, vermeiden. Für herzgesunde Menschen ohne Bewegungseinschränkung, die sich gerne fordern, ist OCR eine spannende und vor allem ausgewogene Sportart.
Aufwand
Das Belastungsintensität ist bei OCR-Wettkämpfen generell hoch, da man natürlich versucht an sein Limit zu gehen. Auch die Hindernisse sind so konstruiert, dass deren Überwindung eine körperliche Herausforderung darstellt. OCR-Trainingseinheiten können jedoch gut an das eigene Leistungsniveau angepasst werden und auch bei den Wettkampfdistanzen (üblicherweise 5 km, 10 km oder 15 km Streckenlänge) gibt es Einsteiger-Varianten.
Außer für gelegentliche Wettkampfgebühren kommen beim Ausüben von OCR keine gröberen finanziellen Ausgaben auf einen zu. Die Ausrüstung besteht aus normaler Laufkleidung und Trainingseinheiten können kostenlos outdoor und mit einfachem Krafttrainings-Equipment durchgeführt werden. Hier gibt es also gute Fitness um überschaubares Geld.
Training für Deinen ersten Extrem Hindernislauf
Ich möchte Dich ermutigen das Erlebnis eines OCR Rennens am eigenen Leib zu spüren und die Gemeinschaft in der „OCR-Family“ kennen zu lernen. Mit Motivation, etwas Neugierde und einer systematischen Vorbereitung wirst Du Dein erstes Rennen genießen, finishen und unvergessliche Momente erleben.
Eine gute Vorbereitung schützt Dich nicht nur vor Verletzungen, sondern steigert auch Deinen Spaß. Jedes erfolgreich absolvierte Hindernis gibt Dir Selbstvertrauen und zeigt Dir, dass für Dich in Deinem Leben kaum Grenzen existieren die nicht überwunden werden können.
Ich gebe Dir im Folgenden ein paar Empfehlungen und Hinweise zu einem ausgewogenen OCR Training. Wenn Du diese beachtest, sollte Deiner ersten OCR-Medaille nichts mehr im Wege stehen.
Du brauchst vor allem Ausdauer
Bei OCR handelt sich um einen HindernisLAUF. Rennformate finden in Streckenlängen von 5 Kilometern (Kurzdistanz), über 10-15 Kilometer (Mitteldistanz) bis zu Streckenlängen über 15 Kilometer (Langdistanz) statt. Im Ultra Bereich sind die Streckenlängen nach oben hin offen. Es kommt also jeder auf seine Kosten.
Ganz egal ob Du eine Kurzdistanz, Mitteldistanz oder Langdistanz laufen möchtest, Du brauchst eine gute Ausdauer. Die Ausprägung variiert (je nach Streckenlänge), aber Du solltest möglichst lang laufen können und Du solltest es gewohnt sein, über unbefestigte Wege, durch Schlamm und einen Berg hinauf zu laufen.
Dein Training sollte sich diesen Anforderungen anpassen. In Deinem OCR Lauftraining spielt Abwechslung eine große Rolle. Bring Spaß hinein! Such Dir möglichst unbefestigte Wege zum Laufen, spring über Pfützen und Wurzeln, lauf auch mal durch Schlamm und lass Dich von Anstiegen nicht abschrecken. Variiere Deine Distanzen und Deine Geschwindigkeit. Erkunde mal etwas Neues! Fahr ein paar Stationen mit der Bahn und lauf zurück nach Hause. Und wenn Du an einer Klimmzugstange, einem Spielplatz oder einem Baum mit einem erreichbaren Ast vorbeikommst, dann mach ein paar Klimmzüge.
Fotocredit: Uwe Kauntz
Genau das ist es, was Dich im Rennen erwartet. Dein Lauf wird dauernd durch natürliche und künstliche Hindernisse „unterbrochen“. Aber das ist normal und gut so. Es geht nicht darum, einen bestimmten Pace zu halten, es geht darum auch dann nicht außer Puste zu sein, wenn Du das Laufen durch eine andersartige Belastung unterbrechen musstest.
Wenn Du bisher wenig gelaufen bist, dann beginne mit einem Mix aus flottem Gehen und Laufen. Du wirst sehen, dass die Laufeinheiten immer länger werden und Dir das Laufen Spaß machen wird.
Laufen ist die Basis des OCR Trainings, aber auch Wandern, Fahrradfahren, Schwimmen und andere Ausdauersportarten helfen Dir weiter. Das Schöne am OCR Training ist, dass Dich ein aktives Leben auch für die OCR Rennen besser macht.
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Kraftausdauer und Griffkraft
Wenn Du Dich über eine Holzwand ziehen musst, ein Seil erklimmst um oben die Glocke zu läuten, einen Sandsack schleppen musst oder einen Gewichtsschlitten ziehst, brauchst Du Kraft und Kraftausdauer.
Damit Dein Körper die bestmögliche Leistung bringen kann, müssen die verschiedenen Muskelgruppen (Muskelketten) in ihrem Zusammenspiel trainiert werden. Hierfür ist funktionelles Training hervorragend geeignet. Dafür brauchst Du nicht viel teures Zubehör.
Klimmzüge, Liegestütze, Squats, Boxjumps, Burpees sind Beispiele für Übungen, die Dich richtig fit machen und die Du fast überall durchführen kannst. OCR Training ist nicht teuer und Du kannst mit Motivation und Einsatz viel erreichen.
Eine Besonderheit der Sportart ist das Griffkrafttraining. Stell Dir vor, Du musst im Rennen Seile hochklettern, Dich an Holzwänden halten, an Hangelhindernissen von einer Seite zur anderen hangeln ohne abzusetzen oder schwere Gewichte an einem Seil zu Dir ziehen. Dein Griff muss nicht nur fest genug sein um Dein Körpergewicht und andere Gewichte zu halten, Du musst das vor allem lange halten können und dies sogar kurzzeitig einarmig.
Fotocredit: Uwe Kauntz
Systematisches Griffkrafttraining ist aber nicht schwer. Im „Deadhang“ an Stangen oder Ringen hängen, Rowings im Sling Trainer oder an Stangen, Farmers Carry aber auch die bekannten Gripfedern sind Übungen die Du zukünftig in Dein funktionelles Training einbauen wirst. Schon sehr bald wirst Du merken, dass Dein Griff stärker und ausdauernder wird. Damit hängst Du sicherer in den Hindernissen und Dein Händedruck wird fester.
Ich habe ein kostenloses Tutorial zum Griffkrafttraining erstellt, welches Dir eine Vielzahl an Übungen, Tipps und Tricks bietet.
Balance und Koordination
Moderne Obstacle Course Races bieten noch mehr. Koordinative Hindernisse mit einem starken Balanceanteil gewinnen stark an Beliebtheit. Von der Slackline über Balance Beams, Boulderwände bis zu dem Einsatz von Trampolins, dem Athleten werden gute koordinative Fähigkeiten und ein gutes Balancegefühl abverlangt.
Die gute Nachricht ist aber auch hier, dass diese Fähigkeiten durch lustige Spiele und Übungen trainiert werden können. Gerade wenn der Athlet das funktionelle Training beendet hat, ist die Zeit zum „Spielen“ gekommen, die Zeit um so richtig Spaß zu haben. Slacklines, Balance Pads, Konzentrationsübungen aber auch Reaktionstraining bilden einen würdigen Abschluss eines guten OCR Trainings und zaubern ein Lächeln auf die Gesichter der Athleten, welches noch lange nach dem Training vorhält.
Tipps für Deinen ersten Hindernislauf
Wenn Du zweifelst, ob Du ein OCR Rennen finishen kannst, dann such Dir ein Rennen aus und melde Dich an! Die Entscheidung zu treffen ist meist das Schwerste.
Sobald Du ein konkretes Ziel mit Datum hast, verändert sich Dein Denken. Die Frage wird für Dich nicht mehr das „ob“, sondern das „wie“ sein. Dein Gehirn fängt an sich mit der Herausforderung zu beschäftigen und wird Dir bald schon erste Lösungsansätze präsentieren.
Fotocredit: Uwe Kauntz
Sobald Du angemeldet bist, wird der regelmäßige Sport eine Selbstverständlichkeit, denn Du weißt ja wofür Du das tust. Du hast ein konkretes, bildhaftes Ziel auf das Du hinarbeitest. Schau Dir Videos dazu an, lies Artikel, beschäftige Dich mit der Thematik. Mach die Vorbereitung zu einem Event, zu Deiner „Time of my life“.
Achte auf Dein Denken! Es ist ein großer Unterschied ob Du denkst „Ich gehe laufen“ oder „Ich bin Läufer“. Bei der ersten Variante ist das eine einmalige Sache, bei der zweiten Variante eine Selbstverständlichkeit, ein Lebensstil. Bring Konstanz in Dein Handeln, schaffe ein Momentum.
Fang an zu trainieren und die Zweifel werden immer kleiner. Du lernst Dich und Deinen Körper kennen, Du merkst, wie sich Dein Körper positiv verändert und Du wirst die ersten Menschen in Deinem Umfeld mit Deinem Tun überzeugen.
Such Dir einen Trainingspartner, noch besser jemanden, der mit Dir in dem OCR Rennen mitläuft. OCR ist im Team am Schönsten! Bei vielen Formaten darf man sich sogar gegenseitig helfen und Penalties teilen. Ein echter Booster für Freundschaft und Vertrauen untereinander!
Ich muss Dich aber warnen! OCR ist zuerst Neugierde, dann Freude, dann Leidenschaft. Auf alle Fälle ist es schwer damit wieder aufzuhören.
Ich würde mich freuen, Dich in einem der Rennen an meiner Seite begrüßen zu dürfen,
Dein Uwe
Fotocredit: Uwe Kauntz
Zum Autor
Hallo Leute,
ich bin Uwe Kauntz und Sportler aus Leidenschaft. Neben dem Trailrunning ist Obstacle Course Racing meine große Leidenschaft. Ich genieße den Wettkampf und die vielen, weltweiten Orte, Erfahrungen und Menschen die ich im Rahmen der Rennen kennen lerne.
Ich bin dankbar dafür diesen Sport ausüben zu dürfen und für das Vertrauen der vielen OCR Athleten die ich als zertifizierter Coach mit meinen Trainings und OCR Trainingsplänen unterstützen darf.
Für mich ist es ein Geschenk, das alles tun und erleben zu dürfen.
Mein Tipp:
In 3 Monaten zum Marathon
Dir hat der OCR-Gastbeitrag gefallen? Dann empfehle ich dir auch die 3 kostenlosen Marathon-Vorbereitungspläne von Startariner Willy Lilge!
Der führende Ausdauerexperte erklärt in diesem Bericht, wie man in nur 3 Monaten für einen Marathon, einen Halbmarathon oder eine Staffel fit wird. Inklusive Wochentrainingplänen.
Echt toller Beitrag, für coole weitere Infos möchte ich einen tollen Link empfehlen, viel Spaß beim Reinlesen wünscht Samuel 🙂
Klar doch 🙂
Hallo Uwe, dein Beitrag ist klasse, vielen Dank dafür. Ich habe neulich ein Sport-Interview mit dem Extremhindernisläufer Norman Rath gelesen, was mich total inspiriert hat, z.B. meinte er, dass „Obstacle Course Racing wie der laute, wilde große Bruder der olympischen Disziplin“ ist. Sehr treffend, oder? 🙂 und „Ideal ist es auch, wenn man mit Freunden an einem Lauf teilnimmt. Denn so kann man sich gegenseitig bei allen Hindernissen unterstützen. Aber auch allein findet man immer hilfsbereite Läufer, so dass jedes Hindernis mit Unterstützung geschafft werden kann. Die OCR-Community ist fast wie eine Familie.“
Quelle: https://dextro-energy.com/blogs/stories/ocr-hindernislauf
Ist die OCR-Community für dich auch wie eine Familie? Liebe Grüße aus Berlin!